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Zur Anwendung des §11 Abs.1 HOAI bei einer Entwässerung im Trennsystem

Im Zuge der Umgestaltung einer Verkehrsanlage ist die Kanalisation ebenfalls zu überplanen. Der Grund liegt in einer erforderlichen Änderung der Leitungstrasse sowie in hydraulischen Überlastungen begründet. Geplant ist eine Umverlegung des vorhandenen Schmutzwasser- und Regenwasserkanals.

Grundsätzlich sind Schmutzwasser- und Regenwasserkanalisation als Objekte nach §40 Nr.2 HOAI, Bauwerke und Anlagen der Abwasserentsorgung einzustufen.

Nach dem Prinzip der funktionalen Einheit stellen sowohl die Schmutzwasserkanalisation als auch die Regenwasserkanalisation eigenständige funktionale Einheiten dar.

Die amtliche Begründung zu §51 HOAI (a.F) stellte dies eindeutig klar.

Dabei sind jeweils die Bauwerke oder anlagen, die funktional eine Einheit bilden, als ein Objekt anzusehen. An einem Beispiel soll das verdeutlicht werden. Werden einem AN die Planung einer Abwasserbehandlungsanlage und eines Abwasser-Kanalnetzes in einem Auftrag übertragen, so handelt es sich hier um die Übertragung der Leistungen nach Teil VII für 2 Objekte mit jeweils einer eigenen funktionalen Einheit.
Das Abwasserkanalsystem erfüllt die Transportfunktion für das Abwasser, die Abwasserbehandlungsanlage erfüllt die Reinigungsfunktion für das Abwasser.
Die gemeinsame Benennung von Wasser- und Abwasserobjekten wird aufgegeben, weil für Wasser eigene Systeme erforderlich sind, die sich in ihrer Planung spezifisch von den Abwassersystemen unterscheiden.

Eine weitere Klarstellung gerade auch für den Fall eines Trennsystems brachte das Urteil des OLG Braunschweig (Urteil vom 11.03.2004, Az: 8 U 17/99).

Daraus ergibt sich, dass Schmutzwasser- und Regenwasserkanal, die als Trennkanalisation geführt sind, sowie die Verkehrsanlagen auch für das Ingenieurhonorar als verschiedene Ingenieurbauwerke anzusehen und mithin für die Bemessungsgrundlage des Honorars nicht zusammenzurechnen sind.

Dieser Auffassung wurde auch als h.M. in den Kommentaren zur alten HOAI vertreten (z.B. Locher/Koeble/Frik, 9. Auflage 2005, §51 Rdn.26 ff.). Diese Auffassung von mir unverändert auch im Kommentar zur neuen HOAI vertreten (Locher/Koeble/Frik, 10. Auflage 2009, §40 Rdn.44 ff.).

Entsprechend dem Grundsatz zur Objekttrennung in §11 Abs.1 Satz 1 HOAI ist das Honorar für diese beiden Objekte getrennt zu ermitteln. Von einem Ausnahmefall nach §11 Abs.1 Satz 2 HOAI kann in vorliegendem Fall ebenfalls nicht ausgegangen werden. Satz 2 sieht einen Ausnahmefall explizit nur für folgende Fälle vor:

• ein gemeinsamer Auftrag
• Objekte mit weitgehend vergleichbaren Objektbedingungen
• derselben Honorarzone
• welche im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang
• als Teil einer Gesamtmaßnahme
• geplant, betrieben und genutzt werden

Nur wenn alle diese in Satz 2 aufgeführten Bedingungen erfüllt sind, kann und darf von dem Grundsatz der Objekttrennung abgewichen werden. Nur für diesen Sonderfall ist eine zusammengefasste Honorarermittlung nach Satz 2 überhaupt zulässig (siehe hierzu auch meinen Aufsatz in der IBR, Die Zusammenfassung von Objekten im Zuge des §11 Abs.1 HOAI).

Das entscheidende Abgrenzungskriterium besteht vorliegend darin, dass die beiden Objekte Schmutz- und Regenwasserkanal weitgehend vergleichbare „Objektbedingungen“ aufweisen müssen.

Hier gilt es zunächst einmal die genannten Begriffe „weitgehend vergleichbar“ und „Objektbedingungen“ zu definieren, da durch den Verordnungsgeber diese beiden Begriffe nicht definiert wurden.

Der vom Verordnungsgeber in der Begründung zu §11 HOAI zitierte Statusbericht 2000plus liefert durch die aufgezeigte Analogie zu §66 Abs.2 HOAI (a.F.) einen Hinweis, wie diese Begrifflichkeiten auszulegen sind (Locher/Koeble/Frik, 10. Auflage 2009, §11 Rdn.21).

Danach sollen die anrechenbaren Kosten für Gebäude, die zwar im Wesentlichen gleichartig sind aber trotzdem nicht die strengen Tatbestandsvoraussetzungen des §§ 22 Abs. 2 a.F. erfüllen, zusammengefasst werden. In diesem Fall soll dem Planer ein Honorar zustehen, welches der Höhe nach unter einer vollen Honorarberechnung für jedes einzelne Gebäude und über einer Berechnung nach dem Wiederholungsfaktor liegt.

Da der Begriff „weitgehend vergleichbar“ bereits in §22 Abs.2 HOAI (a.F.) verwendet wurde, kann auf die dortige Begriffsauslegung zurückgegriffen werden (Locher/Koeble/Frik, 9. Auflage 2005, §22 Rdn.9).

Bei der Frage, ob ein Gebäude im Wesentlichen gleichartig sind, ist darauf abzustellen, ob Grundriss und Tragwerk in der Planung wesentlich voneinander verschieden sind. „Im Wesentlich gleichartige Gebäude“ liegen nur bei ganz nebensächlichen und für die Konstruktion sowie die sonstige bauliche Gestaltung unerheblichen Veränderungen vor.

Von einer weitgehenden Vergleichbarkeit kann bei einer Schmutzwasser- und Regenwasserkanalisation wie vorliegend mit Sicherheit nicht gesprochen werden.

Auch der Begriff der „Objektbedingungen“ ist in der HOAI nicht weiter definiert. Der Begriff der Objektbedingungen wird lediglich im Leistungsbild Tragwerksplanung in der Leistungsphase 2 (Anlage 13 zur HOAI bzw. §64 HOAI a.F.) verwendet. Weder im Verordnungstext, noch in der amtlichen Begründung ist jedoch weiter beschrieben, was unter diesem Begriff verstanden werden soll.

Auch der vom Verordnungsgeber in der Begründung zu §11 HOAI zitierte Statusbericht 2000plus liefert hier wenig Aufschluss. Nach Locher/Koeble/Frik (10. Auflage 2009, §11 Rdn.23 ) ist der Begriff der Objektbedingungen wie folgt auszulegen:

Dabei ist von der Regelung des §66 Abs. 2 HOAI (a.F.) auszugehen, die nach dem Statusbereich 2000plus zunächst auch für den §22 HOAI (a.F.) und durch die Einführung des §11 Abs.1 Satz 2 HOAI für alle Objekte gelten sollte.
§66 Abs.3 HOAI (a.F.) enthielt einen §11 Abs.2 HOAI vergleichbaren Wiederholungsfaktor für mehrere Gebäude mit konstruktiv gleichen Tragwerken. Dagegen galt §66 Abs.2 HOAI (a.F. ) für mehrere Gebäude mit konstruktiv weitgehend vergleichbaren Tragwerken. Der Unterschied bestand also darin, dass in §66 Abs.2 HOAI a.F.) die Tragwerke nicht identisch sondern nur weitgehend vergleichbar waren. Überträgt man diese Differenzierung auf §11 Abs.1 Satz 2 HOAI, so fallen unter diese Regelung Objekte, die zwar nicht im Wesentlichen gleichartig aber doch im Wesentlichen vergleichbar sind. Dies bedeutet, dass nicht nur völlig nebensächliche und für die Konstruktion sowie die bauliche Gestaltung unerhebliche Veränderungen vorliegen dürfen. Dann gilt §11 Abs.2. HOAI. Vielmehr müssen Konstruktion und sonstige bauliche Gestaltung nur im Wesentlichen vergleichbar sein.
So ist etwa §11 Abs.1 Satz 2 HOAI anwendbar, wenn ein Gebäude im Unterschied zu den übrigen Gebäuden mit einem Erker versehen ist oder der Grundriss und die Raumaufteilung nicht nur unwesentliche Unterschiede aufweist. §11 Abs.1 Satz 2 HOAI ist aber dann nicht mehr anwendbar, wenn es an der Vergleichbarkeit der Gebäude (Objekte) fehlt.
Unter »Objektbedingungen« sind somit zum einen die äußeren Bedingungen für das Objekt zu verstehen. Darunter fallen die baulichen Verhältnisse, wie z. B. der Baugrund. Ebenso sind darunter die Anforderungen an das Objekt, wie die Nutzungsart, zu subsumieren.

Abschließend kommt auf Locher/Koeble/Frik (10. Auflage 2009, §11 Rdn.23) zu der Schlussfolgerung:

Werden beispielsweise in einem Rohrgraben sowohl ein Abwasserkanal als auch eine Trinkwasserleitung verlegt, liegen zwar dieselben baulichen Verhältnisse vor. Die Nutzungsart ist aber verschieden. Ebenso sind für die Bemessung dieser Leitungen unterschiedliche Nachweise erforderlich, so dass keine vergleichbaren Objektbedingungen vorliegen.

Vorliegende Aussage trifft ebenfalls auf Schmutz- und Regenwasserkanalisation zu, so dass dieses entscheidende Abgrenzungskriterium im vorliegenden Fall als nicht erfüllt angesehen werden muss.

Eine weitere wesentliche Anspruchsvoraussetzung für die Ausnahme vom Grundsatz der Objekttrennung nach §11 Abs.1 ist, dass die Objekte als Teil einer Gesamtmaßnahme geplant, betrieben und genutzt werden müssen.

Die Voraussetzung „zusammen geplant“ kann vorliegend noch als erfüllt angesehen werden. Jedoch bei den weiteren Voraussetzungen „ betrieben“ und „genutzt“ bestehen bereits Zweifel. Vor allem ist hier wiederum undefiniert, was der Verordnungsgeber unter diesen beiden Begriffen verstanden haben möchte. Soll unter „zusammen betrieben“ verstanden werden, dass ein gemeinsamer Betreiber als Voraussetzung angesetzt wird, wäre diese Voraussetzung in vielen Fällen als erfüllt anzusehen. Auch bei dem Begriff „zusammen genutzt“ besteht Unklarheit. Soll hierunter verstanden werden, dass die Regenwasserkanalisation zusammen mit der Schmutzwasserkanalisation genutzt werden soll? Eine solche gemeinsame Nutzung würde das vorliegende System der Trennung von Regen- und Schmutzwasser jedoch gerade wieder aufheben. Sollte jedoch darauf abgestellt werden, dass die Schmutzwasser- und die Regenwasserkanalisation als eigenständige Teile der Abwasserbeseitigung zusammen genutzt werden, würde die Auslegung zu weit führen. In diesem Fall wären z.B. auch die vom Verordnungsgeber zitierte Abwasserableitung und Abwasserreinigung als Teil der Abwasserbeseitigung zusammen genutzt. Diese Auslegung würde zu weit führen, und der Absicht des Verordnungsgebers nicht mehr entsprechen.

Im Übrigen trifft für die Anwendung der Ausnahmen des Grundsatzes der Objekttrennung die Beweislast den Auftraggeber (Locher/Koeble/Frik, 10. Auflage 2009, §11 Rdn.23):

Dies bedeutet, dass der Auftraggeber die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Honorarminderung nach Absatz 1 Satz 2 bis Absatz 4 hat, sofern er sich auf diese Vorschriften stützt.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch darauf hinweisen, dass bei einer Umverlegung von Schmutz- und Regenwasserkanalisation immer auch auch §35 HOAI Leistungen im Bestand anzuwenden ist.

Vorliegende Maßnahmen stellen immer einen Umbau gem. §2 Nr. 6 HOAI dar.

Umbauten sind Umgestaltungen eines vorhandenen Objekts mit Eingriffen in Konstruktion oder Bestand.

Nach der früheren Regelung des §3 Nr.5 HOAI (a.F.) mussten „wesentliche Eingriffe in Konstruktion oder Bestand“ vorliegen, damit von einem Umbau gesprochen werden konnte. Nunmehr reicht der „Eingriff in die Konstruktion oder den Bestand“ aus.

Bei einer Kanalauswechslung bzw. Umverlegung liegt in jeden Fall ein Eingriff in den Bestand vor, so dass hier §35 HOAI - Leistungen im Bestand Anwendung findet.

Die Regelung des §35 HOAI sieht bei Leistungen im Bestand einen Zuschlag in Höhe von 20 bis 80% vor. Die Formulierung im Verordnungstext „kann ein Zuschlag bis 80% vereinbart werden“ verführt auf den ersten Blick zu der Annahme, dass ein Zuschlag von 0% bis 80% zulässig vereinbart werden kann. Dem widerspricht jedoch klar die amtliche Begründung zu §35 HOAI. Hiernach ist die

„... Marge, in der ein Zuschlag vereinbart werden kann, auf 20 bis 80 Prozent statt bisher 20 bis 33% erweitert.“

Diese Auffassung wird ebenfalls von Locher/Koeble/Frik (10. Auflage §35 Rdn.2; Sangenstedt, S.8; v.Wietershausen/Korbion, S. 86 und von mir in der IBR vertreten).

Die Höhe des Zuschlages kann in Abhängigkeit von dem Anteil der vorhandenen Bausubstanz festgelegt werden (siehe meine Veröffentlichungen in der IBR zur Berücksichtigung der vorhandenen Bausubstanz, Aufsatz bzw. IBR-Werkstattbeitrag):

20% Mindestzuschlag 
20% + 10% Zuschlagbei 10% vorhandener Bausubstanz
20% + 20% Zuschlagbei 20% vorhandener Bausubstanz
20% + 30% Zuschlagbei 30% vorhandener Bausubstanz
20% + 40% Zuschlagbei 40% vorhandener Bausubstanz
20% + 50% Zuschlagbei 50% vorhandener Bausubstanz
20% + 60% Zuschlagbei 60% vorhandener Bausubstanz

Eine Vereinbarung mit einem geringeren Zuschlag als 20% ist nach den Regelungen des §35 HOAI nicht zulässig, da bereits ab der Honorarzone II ein Mindestzuschlag in Höhe von 20% vorgeschrieben ist.

Dipl. Ing. (FH) Heinz Simmendinger
Sachverständiger für Architekten- und Ingenieurhonorare
www.HOAI-Gutachter.de