Baustatik: Analyse & Synthese von Tragstrukturen in Praxis und Forschung
Nach Weihnachten erscheint bei Ernst & Sohn das Buch Baustatik von Peter Marti, Professor für Baustatik und Massivbau an der ETH Zürich.
Dort behandelt der Autor die Analyse von Stab- und Flächentragwerken nach der Elastizitäts- und Plastizitätstheorie. Das Buch steht in der baustatischen Tradition der ETH-Professoren Karl Culmann (1821-1881), Wilhelm Ritter (1847-1906), Hans Ziegler (1910-1985) und Bruno Thürlimann (1923-2008). Über Karl Culmann publizierten die Schriftstellerin Dr. Christine Lehmann und ihr Mann, der Mathematiklehrer Dr. Bertram Maurer bei Ernst & Sohn den wunderbaren Ingenieur-Roman „Karl Culmann und die graphische Statik. Zeichnen, die Sprache des Ingenieurs“. Wie Ritter einst in die Fußstapfen von Culmann trat, setzt Marti heute das Werk von Thürlimann kreativ fort.
Mit der Plastizitätstheorie im Stahlbeton- und Spannbetonbau beeinflusste Thürlimann Lehre und Forschung im Konstruktiven Ingenieurbau zutiefst; dabei wurde er von Hans Ziegler, Professor für Mechanik, tatkräftig unterstützt. So musste sich Thürlimann gegen den einflussreichen Fritz Stüssi (1901-1981) durchsetzen. Letztgenannter wirkte von 1937 bis 1966 als Professor für Baustatik und Stahlbau an der ETH Zürich. Stüssi, der in der Baustatik nur elastizitätstheoretische Methoden gelten lassen wollte polemisierte vor fast 50 Jahren gegen das Traglastverfahren – Thürlimann parierte glänzend und trug den Sieg davon. Gleichwohl blieb Stüssis zweibändige „Vorlesungen über Baustatik“ (1. Aufl. 1946/1954) in der Innovationsphase der Baustatik (1950-1975) noch immer einflussreich. Es war also an der Zeit, dass die Baustatik eine moderne Bearbeitung und Zusammenfassung erfahren musste: Dies ist Marti mit seiner „Baustatik“ vollständig gelungen. Mit seiner Monographie setzt Marti einen Markstein in der mit Culmanns „Graphischer Statik“ (1864/66) anhebenden Züricher Schule der Baustatik; gleichzeitig ist sein Buch eine großartige Hommage an das wissenschaftliche Werk und Wirken Thürlimanns. Die „Baustatik“ ist Martis Opus Magnum – sie sollte Pflichtlektüre für all Jene sein, die sich mit der Analyse und Synthese von Tragstrukturen in Praxis, Lehre und Forschung auseinandersetzen. Aber die Lektüre geht über den unmittelbaren Nutzen insofern hinaus als sie reine Freude an der Erkenntnis stiftet.