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Autor(en):     
 
Kurrer, Karl-Eugen
 
Titel:     
 

 
Kurzfassung:     
 
In seiner Gedächtnisrede vom 19. November 1894 auf Johann Wilhelm Schwedler (Bild 1) verglich Otto Sarrazin (1842-1921) den am 9. Juni 1894 Verstorbenen mit Werner von Siemens (1816-1892) und Hermann von Helmholtz (1821-1894): Schwedler sei Siemens und Helmholtz geistesverwandt und ebenbürtig, stellten sie doch die Theorie in den Dienst der Praxis. “Schwedlers Schaffen hatte überall streng wissenschaftliche Anschauung zur Grundlage, und ihm in erster Linie ist es zu danken, wenn im Bau- und Ingenieurwesen, namentlich auf dem von ihm besonders gepflegten Gebiete des Eisenbaues, die mathematisch-physicalische Richtung zur vollen Geltung gebracht ist” [2, Sp. 2]. Mit der Verwissenschaftlichung der Technik durch Mathematik und Physik hebt Sarrazin den Hauptnenner im Schaffen von Siemens, Helmholtz und Schwedler hervor. Die Unterschiede liegen in ihrer jeweiligen Handlungsperspektive.
Dies kann durch das Modell der Dreiheit von Industrie, Verwaltung und Wissenschaft veranschaulicht werden (Bild 2): Setzte sich das professionelle Handeln von Siemens aus der Verwissenschaftlichung der elektroindustriellen Praxis und Konstituierung einer Verbandspolitik zusammen (s. Bild 2a), so wurde das Alterswerk von Helmholtz durch den Zug zur Industrialisierung der Wissenschaft und zur verwalteten Wissenschaft geprägt (s. Bild 2c). Hier sei nur auf die 1887 von Siemens, Helmholtz und Karl Heinz Schellbach (1805-1892) angestoßene Gründung der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt verwiesen. Dagegen richtete sich Schwedlers Handeln aus der Perspektive eines Spitzenbeamten der preußischen Bauverwaltung in erster Linie auf die Wissenschaft und Industrie (s. Bild 2b). Wie kein anderer Baubeamter deutscher Zunge vor ihm bestimmte bei Schwedler die Wissenschaft das Verwaltungshandeln.
1851 eröffnete Schwedler durch seine - unabhängig von Karl Culmann (1821-1881) (s. [5] u. [6]), Squire Whipple (1804-1888) [4, S. 1051f.] und Dimitry Ivanovich Jouravski (1821-1891) [3, S. 1055] - entwickelte Fachwerktheorie mit einem Paukenschlag die Etablierungsphase der Baustatik (1850-1875) [7]. Kurz zuvor gewann Schwedler den Wettbewerb um den Bau der ersten Kölner Rheinbrücke [8]. In den 1860er Jahren sind es drei bahnbrechende Tragwerksinnovationen Schwedlers, die ihn mit seinen zahlreichen Eisenbauten zur höchsten Instanz des Eisenbaues in Preußen werden ließen und diesem internationales Renommee verschafften: die Schwedler-Kuppel, das Dreigelenksystem und der Schwedler-Träger. Wer war diese Ingenieurpersönlichkeit, welche mit Wissenschaft dem Eisenbau seines Landes den Weg zur Weltspitze ebnete?
 
Erschienen in:     Stahlbau 85 (2016), Heft 5
 
Seite/n:     350-359
 
Sprache der Veröffentlichung:     Deutsch



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