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Die Fließgelenktheorie ist bekanntlich eine geschickte Methode zur Bestimmung der maximal aufnehmbaren Last eines statisch unbestimmten Systems. Bei diesem Bemessungsverfahren gilt der Grenzzustand als erreicht, wenn das System im Gesamten oder in Teil en kinematisch wird. Durch diese Art der Bemessung kann also neben der plastischen Querschnittsreserve auch die plastische Systemreserve ausgenutzt werden.
Die Anwendung der Fließgelenktheorie auf Baugrubenwände führt auf eine Reihe interessanter Fragestellungen. Aus dem Plastizieren der Spundwand, der Verankerung bzw. Stützung sowie dem Versagen des Bodenwiderlagers und dem kombinierten Auftreten dieser Versagensarten ergibt sich eine Vielzahl an Versagensmechanismen. Zudem ist unklar, wie das Plastizieren des Systems erzeugt werden soll, denn anders als in der Statik ist der Boden eine Beanspruchung in Form des Erddrucks auf die Wand, aber gleichzeitig auch ein Bauteil. Es ist also die oft beschriebene Besonderheit der Geotechnik, die hierbei zu beachten ist.
Es werden sechs Vorgehensweisen vorgestellt, von denen in der Folge zwei Vorgehensweisen mittels der Methode der Finiten Elemente näher untersucht werden. Die eine Vorgehensweise besteht in der Abminderung des plastischen Moments der Spundwand bis zum Eintreten der kinematischen Kette. Bei der anderen Vorgehensweise wird der Wasserdruck gesteigert.
Die Berechnungen zeigen, dass sich der Erddruck mit zunehmender Verformung zur Verankerung und zum Bodenauflager erheblich umlagert, und zwar im allgemeinen stärker als nach den Umlagerungsfiguren der EAB (2006) und der EAU (2004). Die Folge könnte eine Unterschätzung der Stützkraft sein. Die EAB (2006) eröffnet die Möglichkeit, Spundwände unter Beachtung bestimmter Voraussetzungen nach der Fließgelenktheorie bemessen zu können. In der EAU (2004) finden sich bisher keine entsprechenden Empfehlungen.
 
Erschienen in:     Bautechnik 85 (2008), Heft 7
 
Seite/n:     443-453
 
Sprache der Veröffentlichung:     Deutsch



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